31.01.22

Das Problem mit Hilfszügeln

Gesunder Sport - fürs Pferd!
Um ein Pferd reiten zu können, ohne dass es dabei auf Dauer Schaden nimmt, muss es in der Ausbildung und im Training Muskulatur aufbauen, die es ihm ermöglicht, sich so zu bewegen, dass es sich selber in einer Art trägt, die das Rückenband aufspannt. Das Rückenband verläuft vom Wiederrist an über jeden Dornfortsatz bis zu den Dornfortsätzen des Kreuzbeins und findet seine Fortsetzung nach vorne im Nackenband, das ebenfalls über Verbindungsstränge an jedem Halswirbel ansetzt und letztlich bis zum Hinterhauptsbein des Schädels zieht. Ist das Rückenband durch die Körperhaltung des Pferdes gedehnt, kann es das Gewicht des Reiters tragen und elastisch auffangen, erkennbar an einem schwingenden Rücken.

Wie kommt man zu einer guten Haltung
Zum Thema Körperhaltung können sicherlich viele von Euch auch etwas sagen… wer von Euch sitzt immer schön gerade? Ich mache jetzt keine Mutmaßungen über den Prozentsatz! Tatsache ist: wir wissen alle, dass wir gerade sitzen sollten, aber das ist sooooo anstrengend. Und wir wissen auch: damit das klappt, mit der gesunden Körperhaltung, müssen wir im Prinzip trainieren, damit die Muskulatur des gesamten Körpers uns in einer vernünftigen Körperhaltung unterstützen kann. Was auch allen bekannt sein dürfte: wir lernen nicht, gerade zu sitzen, indem wir uns in ein Korsett zwängen. Im Gegenteil, wir schwächen die Muskulatur damit, denn das Korsett übernimmt ja jetzt ihre Aufgabe. Genau so ist das der Fall beim Einsatz von Hilfszügeln: sie bringen zwar den Körper (besten Falls) in die gewünschte Haltung, aber sie übernehmen die Aufgabe genau DER Muskulatur, die für das Erreichen dieser Körperhaltung nötig ist – und schalten sie somit aus. Diese Muskulatur wird lahmgelegt, statt trainiert zu werden!

Der einzige Weg, diese gewünschte Muskulatur zu trainieren ist, das Pferd immer wieder dazu anzuregen, sich in die gewünschte Haltung zu begeben und sich dort selber zu tragen. Das geht nur über immer wieder kurze Impulse eines einfühlsamen Ausbilders, sei es vom Sattel aus oder vom Boden. Diese Training wird, wie bei einem in Bezug auf seine Körperhaltung wenig motivierten Teenager, anfangs etwas mühsam sein. Je mehr man jedoch „übt“, desto länger klappt es mit der guten Haltung. Man darf dabei natürlich nicht übertreiben – fast jeder weiß, dass ihm der Rücken/Nacken auch weh tut, wenn er aus der „Schildkrötenhaltung“ (Schultern nach vorne, Brustbein abgesenkt, Kopf/Hals nach vorne wie eine Schildkröte) versucht übergangslos ständig gerade zu stehen oder zu sitzen. Das packen die Muskeln so schnell nicht. Aber mit der Zeit, wenn der Trainingseffekt einsetzt, hält man immer länger durch. So ist das auch bei Pferden. Berücksichtigen muss man dann noch, dass Pferde halt nicht verstehen können, dass die von uns gewünschte Haltung gut für sie ist, und somit die Leidensbereitschaft gegenüber uns vielleicht etwas reduziert ist (wir streifen wieder das Thema des Teenagers… ;) ). Wenn es anfängt zu zwicken, wird das Pferd die gewünschte Haltung erstmal vermeiden. Also: vorsichtig anfangen, sich wirklich mit ganz kurzen Einheiten einer guten Haltung zufrieden geben und dem Pferd signalisieren, dass es das gut gemacht hat. Mit der Zeit werden dann die Einheiten immer länger, bis es das Pferd mühelos schafft, sich in einer gesunden Haltung zu bewegen, die auch das Tragen eines Reiters erlaubt.

Bei der Frage nach dem „WIE mache ich das?“ kann ich als Lehrmeister Manolo Mendez empfehlen. Ich bin kein Reitlehrer oder Trainer, ich betrachte die Dinge eher von einem biomechanischen und medizinischen Standpunkt aus. Neben den regelmäßigen Kursen von Manolo auf der Reitanlage Thal bei München gibt es umfangreiches Videomaterial von ihm. Für eine engmaschigere Anleitung hier in der Gegend kann ich Anja Mönch empfehlen, die sich neben dem Pferd auch um den Bewegungsapparat des Reiters kümmert!